Project Description

Gute Arbeit.

Anständig bezahlt, gut abgesichert, nicht befristet – von diesem Ideal der guten Arbeit sind viele Jobs in Deutschland noch weit entfernt. Trotz wichtiger Errungenschaften wie dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es noch einiges zu verbessern. Zu viele Arbeitsverträge sind befristet, zu viele Minijobs sind Problemjobs und mit Leiharbeit und Werkverträgen ersetzen zahlreiche Arbeitgeber nach wie vor die besser bezahlte Stammbelegschaft. Damit mehr prekäre Jobs zu guter Arbeit werden, muss die Tarifbindung erhöht werden. Je weniger weiße Flecken in der Tariflandschaft, desto besser die Beschäftigungsbedingungen. Dabei kann auch die Politik helfen, indem sie mehr Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Der Wunsch der Arbeitnehmer nach Sicherheit muss im Interessensausgleich mit den Arbeitgebern wieder mehr Gewicht bekommen. Flexibilität ist keine Einbahnstraße und die unternehmerischen Risiken dürfen nicht länger einseitig auf die Beschäftigten abgewälzt werden.

Mindestlohn.

Der Mindestlohn ist ein wichtiger Schritt gegen schlechte Bezahlung. Seit seiner Einführung haben Geringqualifizierte und Beschäftigte in Niedriglohnbranchen deutlich mehr Geld im Portemonnaie. Auch die von Mindestlohngegnern prophezeiten Preisanstiege und Jobverluste sind ausgeblieben. Zwar ist der Mindestlohn kein Allheilmittel gegen Armut, doch mit ihm wurde Lohndumping und unfairem Wettbewerb endlich ein Riegel vorgeschoben. Der Mindestlohn ist und bleibt deshalb eine Erfolgsgeschichte. Damit das so bleibt, darf er nicht durch mangelnde Kontrollen ausgehöhlt werden. Doch auch beim Mindestlohn besteht Korrekturbedarf: Die Mindestlohnausnahme für Langzeitarbeitslose ist wirkungslos und diskriminierend und gehört deshalb abgeschafft.

Befristete Beschäftigung.

Die Zahl der befristeten Arbeitsverträge ist viel zu hoch. Und für viele Befristungen gibt es nicht einmal einen sachlichen Grund. Gerade viele junge Menschen und Frauen sind davon betroffen – mit negativen Folgen für die Lebensplanung. Denn mit einem befristeten Arbeitsvertrag fällt es deutlich schwerer, eine Familie zu gründen, ein Haus zu bauen oder für das Alter vorzusorgen. Zwar können Elternzeit, Auftragsspitzen oder auf Zeit angelegte Projekte gute Gründe sein, ein Arbeitsverhältnis zunächst zu befristen. Doch vieles spricht dafür, dass die Balance zwischen dem Wunsch der Arbeitgeber nach Flexibilität und dem Bedürfnis der Beschäftigten nach Sicherheit aus den Fugen geraten ist. Befristungen ohne sachlichen Grund gehören deshalb abgeschafft.

Minijobs.

Minijobs sind beliebt – und gleichzeitig hochproblematisch. Minijobs bauen anders als versprochen keine Brücken in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Im Zusammenspiel mit dem Ehegattensplitting haben sie sich vor allem für Frauen als berufliche Sackgasse und Armutsrisiko erwiesen. Mehr als ¾ aller Minijobs rangieren im Niedriglohnbereich. Geringfügig Beschäftigten wird darüber hinaus oft die Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaubsgeld vorenthalten. Die Reform der Minijobs ist keine einfache Operation. Trotzdem muss das Ziel weiterverfolgt werden, anstelle der Minijobs sozialversicherungspflichtige und existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse zu fördern. Die hohen Sozialabgaben blockieren den Übergang vom Minijob in reguläre Beschäftigung. Damit sich das ändert, müssen untere Einkommen bei den Sozialabgaben entlastet werden. Darüber ist es notwendig, Steuern, Abgaben und soziale Leistungen so aufeinander abzustimmen, dass sich die Ausweitung von Erwerbsarbeit immer rechnet.

Leiharbeit und Werkverträge.

Leiharbeit war ursprünglich als Möglichkeit gedacht, Auftragsspitzen flexibel abzufedern und auf Personalengpässe schnell reagieren zu können. Doch einige Arbeitgeber nutzen Leiharbeit, um Teile ihrer Stammbelegschaft zu ersetzen und so die Löhne zu drücken. Deswegen ist es höchste Zeit, dass Leiharbeit wieder auf ihre Kernfunktion zurückgeführt wird und Anreize für Missbrauch gesenkt werden. Leiharbeiter müssen vom ersten Tag an die gleiche Entlohnung erhalten wie Beschäftigte der Stammbelegschaft – plus eine Flexibilitätsprämie. So werden Wettbewerbsvorteile zu Lasten der Beschäftigten verhindert. Auch Werkverträge werden immer wieder missbräuchlich eingesetzt, teilweise handelt es sich dabei sogar um sogenannte Scheinwerkverträge oder versteckte Leiharbeit. Werk- oder Dienstverträge müssen deshalb klar von Leiharbeit abgegrenzt werden.

Equal Pay.

Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit? Davon können viele Frauen nur träumen. Immer noch wird in typischen Frauenberufen schlechter bezahlt als in typischen Männerberufen und immer noch bekommen Frauen weniger Geld als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie dieselbe Arbeit erledigen. Insgesamt liegt der „Gender Pay Gap“ in Deutschland bei über 20 Prozent, das ist einer der höchsten Werte in Europa. Selbst wenn Frauen und Männer mit vergleichbaren Qualifikationen ähnliche Tätigkeiten ausüben, liegen die Stundenlöhne der Frauen durchschnittlich um 6 % unter denen der Männer. Die Forderung nach wirksamen und transparenten Regeln zur Durchsetzung von Equal Pay bleibt also ganz oben auf der Tagesordnung.

Qualifikation zählt.

Im Zuge der Digitalisierung nimmt die Halbwertzeit von Wissen weiter ab, Arbeitsplätze und -inhalte verändern sich rasant. Regelmäßige Weiterbildungen werden zukünftig so wichtig wie die Erstausbildung sein, um sicherzustellen, dass alle Erwerbstätigen in die digitale Zukunft mitgenommen werden. Es fehlen jedoch die Strukturen und Angebote, um das Schlagwort vom lebenslangen Lernen mit Leben zu füllen. Das geht vor allem zulasten von Geringqualifizierten, also denen, die eigentlich am dringendsten unterstützt werden müssten. Auch für die Arbeitsförderung gilt: Bevor sich heute das Räderwerk von Arbeitsagenturen und Jobcentern in Gang setzt, muss man erst einmal arbeitslos werden. Vorbeugende Qualifizierung, durch die die Arbeitslosigkeit von vornherein vermieden werden kann, ist dagegen selten. Das ist nicht mehr zukunftstauglich. Die berufsbegleitende Qualifizierung Erwerbstätiger muss zur zweiten zentralen Säule der Arbeitsmarktpolitik werden muss. Arbeitsagenturen und Jobcenter müssen umfassende Dienstleister für Beschäftigte, Selbständige, Arbeitslose und Betriebe werden. Sie sollen beraten, Qualifizierungen vermitteln oder anbieten und mitfinanzieren – vorbeugend UND bei Arbeitslosigkeit. Denkt man diese Entwicklung zu Ende, stellt sich langfristig auch die Systemfrage. Wenn der Umbau zu einer Arbeitsversicherung gelingt, dann hätte das jetzige Nebeneinander von Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgedient.

Mehr Souveränität für Beschäftigte.

Viele Frauen und Männer wollen mehr Arbeitszeitsouveränität, um Erwerbsarbeit und private Verpflichtungen und Bedürfnisse besser miteinander vereinbaren und partnerschaftlicher teilen zu können. Die Digitalisierung kann helfen, dieses berechtigte Anliegen umzusetzen – und damit gleichzeitig zur Fachkräftesicherung beitragen. Die Teilzeit wie wir sie kennen kann keine Antwort auf die veränderten Lebensentwürfe der Menschen sein. Denn dabei zeigt sich: Zu viele Frauen sind nach der Geburt eines Kindes in der Teilzeitfalle hängen geblieben. Trotz Benachteiligungsverbot ist Teilzeit immer noch ein Karrierekiller und vor allem Frauensache. Männer entscheiden sich nur selten dafür, weil sie sehen, was aus ihren teilzeitbeschäftigten Kolleginnen alles NICHT wird. Aber heute geben sich gut ausgebildete Frauen nicht mehr mit der Rolle als Zuverdienerin zufrieden. Und auch Arbeitgeber wissen, dass Frauen als Fachkräfte unentbehrlich sind. Wenn allerdings Kinder zu versorgen oder ältere Verwandte zu pflegen sind, stoßen diese unterschiedlichen Anforderungen an (Zeit-) Grenzen. Darum braucht es neue und flexible Arbeitszeitarrangements für Beschäftigte. Wahlarbeitszeiten und mehr Mitbestimmungsrechte über das Wann und Wo ihrer Arbeit schaffen neue Optionen und Freiheiten für Frauen und Männer. Davon profitieren nicht zuletzt auch die Betriebe.